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10. September 2024:
Bei reinem IFR-Wetter (Instrumentenflug-Wetter) starten wir (Harald und ich) zu unserem ersten Ziel nach Trier. Die offizielle fliegermagazin-Reise, an der wir hier teilnehmen, beginnt zwar erst morgen. Nachdem das Wetter für diesen Tag allerdings noch schlechter vorhergesagt ist als am heutigen Tag, starten wir bereits einen Tag früher und genießen ein tollen Abend in einem wunderschönen Hotel: Schlosshotel Lieser direkt an der Mosel und nicht weit entfernt vom Flugplatz Trier. Erst später erfahren wir, dass dies die absolut richtige Entscheidung war - in Österreich kommt nämlich eine heftige Regenzeit mit massiven Überschwemmungen.
Ab nun folgt der offizielle Reisebericht (kursiv geschrieben) aus dem Fliegermagazin 12/2024 (Autor: Thomas Borchert):
11. - 16. September 2024:
Es ist die meistgestellte Frage rund um die fliegermagazin Leserreisen: Was passiert, wenn ich als VFR-Pilot aus Wettergründen nicht ans nächste Ziel fliegen kann? Und jetzt wird dieser Septembermorgen auf den Scilly Isles ganz im Südwesten Großbritanniens offenbar zur perfekten Beispielantwort: Im dichten Nebel ist der Weg vom Hotelzimmer durch den Garten bis zum Frühstücksraum kaum zu erkennen!
Schon am Vortag war der Wetterumschwung absehbar. Und jetzt? Vom Festungswall des historischen Star Castle, das heute eins der besten Hotels auf der Hauptinsel der Scilly Isles, St. Mary's (EGHE), ist, haben wir einen guten Blick auf den Hafen von Hugh Town. Aber das war's auch schon: Der Flugplatz auf dem Hügel dahinter verschwindet schon im Nebel. Vor der Nachbarinsel Tresco, die wir gestern mit einem Boot im Sonnenschein besucht haben, wabert eine flache Nebelbank.
Wir beschließen, erstmal alle wie geplant zum Flugplatz zu fahren und alles für den Abflug vorzubereiten. Immer wieder driften die Nebelbänke zur Seite und geben den Blick auf die Wolken darüber frei. Dann ist die Sicht ausgezeichnet. Unser Ziel ist nur 50 Nautische Meilen entfernt in Cornwall: Der Flugplatz von Perranporth (EGTP) liegt in 330 Höhe an einer Steilküste. Ein Telefonanruf gibt Klarheit: Dort sind die Wolken in so etwa 1000 Fuß über dem Platz. Der Flugweg führt ausschließlich über hindernisfreies Wasser entlang der Nordküste von Cornwall.
Keiner im Funk! Wir tappen in die Flugleiter-Falle
Zwölf Flugzeuge mit 23 Insassen sind auf der Leserreise rund um den Ärmelkanal dabei. Drei Crews haben keine IFR-Berechtigung. Das wird jetzt zum Nachteil, denn die IFR-Flieger profitieren von den Regeln in Großbritannien: Im Luftraum G darf man ohne Flugplan, ohne Freigabe und ohne ATC-Kontakt in mindestens 1000 Fuß AGL in Wolken fliegen.
Die ersten vier Flugzeuge kommen gut weg. Das Foto zeigt, wie problemlos 1000 Fuß AGL außerhalb der Wolken zu erreichen sind. Und ebenso zeigt es, wie schwierig bis unmöglich ein sicherer VFR-Flug ist. Zwischen Wolkenschichten, aber immer auch wieder in den Wolken geht es nach Perranporth. Nach 20 Meilen verschwinden die Wolken unter uns. In 1200 Fuß fliegen wir bei guter Sicht die Küste entlang.
Dann tappen wir in die typisch deutsche Flugleiter-Falle. Reimer in der Führungsmaschine meldet sich auf der Bord-Bord-Frequenz: „Ich kriege da keinen im Funk!" Wir diskutieren, versuchen einen Anruf per Handy - nichts. Schließlich die Entscheidung. Einfach sauber funken und landen. An der Tankstelle begrüßt uns die überaus freundliche Flugplatzmannschaft – und fragt völlig verständnislos: Warum sollte denn jemand am Funk sein?“ Ach ja…
Auf St. Mary's ist inzwischen der Nebel über die Bahn gezogen. Ein bisschen Warten, dann kommt der Rest der IFR-Maschinen raus. Doch die drei VFR-Crews? Am Nachmittag soll das Wetter besser werden, heißt es. Also fällt die Entscheidung: Die VFR-Crew wartet am Flugplatz. Auch wenn immer mal wieder einer vorschlägt, doch aufzugeben und ein Hotel zu buchen.
Pünktlich kann der Cornwall-Teil der Gruppe mittags in den Bus zur Rundfahrt steigen. Im Sonnenschein genießen wir die typischen Teigtaschen Cornish Pasties und besichtigen den Rosamunde-Pilcher-Drehort Lanhydrock House. Von den Scillies hören wir: Immer noch Nebel. Dann endlich, nach vier Stunden Warten, die Nachricht: Es geht VFR, wir starten! Das Landebier in unserem Hotel The Lugger steht noch nicht auf dem Tisch, da fährt das längst für die Nachzügler organisierte Großraumtaxi vor.
Antwort zur die Eingangsfrage: Man hängt einen halben Tag leicht genervt auf dem Flugplatz rum und verpasst eine Cornwall-Rundfahrt. Ja, es hätte auch eine weitere Nacht auf St Mary‘s sein können. Aber insgesamt, so die Erfahrung aus inzwischen 32 Leserreisen, kommt es mit etwas Flexibilität selten zu Einschränkungen - und meist zu recht geringen.
Kanalquerung an der breitesten Stelle
Fünf Tage zuvor war eine Schlechtwetterfront gerade durchgezogen, als sich sieben Maschinen der Gruppe zum Auftakt in Trier (EDTR) versammeln.
Die übrigen Flugzeuge hatten sich schon separat auf den direkten Weg nach Deauville (LFRG) gemacht, teils einige Tage zuvor. Unser Plan: Wir umrunden den Ärmelkanal, besuchen dabei erst Frankreich und überqueren ihn dann an seiner mit etwa 90 Nautischen Meilen breitesten Stelle Richtung Cornwall.
Deauville ist unser erster Übernachtungsstopp. Der Flug dorthin ist, wenn auch mit einigem Gegenwind, völlig problemlos. Beste Sicht, mit lockerer Bewölkung in etwa 3500 Fuß gut ausreichende Untergrenzen - und von den vielen französischen Sperrgebieten entlang des Wegs sind kaum welche aktiv. Dennoch muss man die Flughöhen sorgfältig planen und am besten stets mit jemandem reden.
Vor dem traditionsreichen und sehr großen Hotel Le Royal sind Absperrgitter aufgebaut. Zum American Film Festival sind offenbar einige Stars zu Gast. Das mondäne Seehotel hat eine ganz besondere Stimmung, die uns gut gefällt.
Die Freigabe für die Kontrollzone kommt von FIS!
Eine Stunde Fahrt im Bus trennt uns am nächsten Tag von einem bedeutenden, aber auch bedrückenden Ziel: Wir besuchen einen der Invasionsstrände der alliierten Landung am 6. Juni 1944. Der eigentlich wunderschöne Ohama Beach verrät durch zahlreiche Bunkerruinen und den im Hinterland liegenden Soldatenfriedhof, wie viele junge Männer hier ihr Leben ließen, um Europa von Nazi-Deutschland zu befreien. Die deutsche Geschützstellung an der Pointe du Hoc, hoch auf einer Steilküste gelegen, lässt erahnen, wie schwierig es gewesen sein muss, sie einzunehmen. Angesichts eines erneuten Eroberungskriegs in Europa ist die Stimmung in der Gruppe umso nachdenklicher.
Am Nachmittag überfliegen wir die Invasionsstrände auf dem Weg nach Saint-Malo. Deutlich sind die provisorischen Hafenmauern zu erkennen, die 1944 schwimmend herangeschleppt und dann versenkt wurden. Weiter geht es zu einem touristischen Highlight der Region, um das sogar ein Sperrgebiet errichtet wurde, damit nicht jeder darüber fliegt. Wir haben Glück, es ist Niedrigwasser: Der Klosterberg Mont Saint-Michel liegt in der Nachmittagssonne im glänzenden Watt. Gleich danach beginnt schon die Kontrollzone des Flugplatzes Dinard Bretagne (LFRD), wo wir landen wollen Wir hatten die Gruppe im Briefing bereits vorbereitet: In vielen Ländern Europas erhält man keine expliziten Freigaben zum Einflug in eine Kontrollzone. Doch was jetzt passiert, ist noch ungewöhnlicher. Noch auf der FIS-Frequenz sagt der Lotse dort „Melden Sie den Einflug in die CTR.“ Der Towerlotse schickt uns wegen eines IFR-Abflugs in eine Warteschleife direkt neben der Festung von Saint-Malo - was für eine Aussicht!
„Intra muros“, also innerhalb der mächtigen Stadtmauern, liegt unser Hotel ebenso wie unser Restaurant zum Abendessen. Die engen Gassen sind ein wenig touristisch, aber dennoch voller Charme. Am nächsten Morgen lernen wir auf einer Führung, dass fast alle Häuser nach dem Krieg wieder aufgebaut wurden. Weil die deutschen Besatzer die Kapitulation verweigerten, wurde die Stadt während einer zweiwöchigen Belagerung fast komplett zerstört. Dann schwenken wir ab Richtung Süden und steuern unser Ziel an: Die Belle-Ile (schöne Insel) liegt vor der Küste am südlichen Ende der Bretagne. Wieder sind die vielen Lufträume kein Problem: Manche lassen sich einfach um- oder unterfliegen, andere erweisen sich auf Nachfrage bei den extrem hilfreichen Lotsen als inaktiv. Reden hilft!
Die Dame bei „Belle-Ile Radio“ hat ihre Rolle als Betriebsleitung verinnerlicht: Trotz aller Versuche der an Flugleitung gewöhnten Deutschen verweigert sie jede Kommunikation mit anfliegenden Maschinen und überlässt den Piloten die Verantwortung fürs Fliegen. Der werden alle natürlich gerecht. Erst wenn ein Flugzeug am Boden ist und die Bahn verlassen hat, wird es von der Bodenfunkstelle erstmals an angesprochen, freundlich begrüßt und zu einem Parkplatz geschickt. So ist allen Beteiligten vollkommen klar, wer hier wann und für was verantwortlich ist.
Die Sonne strahlt und so versammelt sich die Gruppe bald auf der sensationell gelegenen Terrasse des Hotels Castel Clara. Es liegt auf einer Steilküste oberhalb der engen Bucht direkt an der Küste. Einige brechen zu einer Wanderung auf, andere gehen im schon recht kühlen Atlantik baden. Eine Inselrundfahrt bringt uns das faszinierende wilde Eiland am nächsten Morgen näher. Sarah Bernhardt, eine französische Schauspielerin und einer der ersten Weltstars, baute hier 1894 eine Festung zum Sommerhaus um und empfing die Intellektuellen ihrer Zeit.
Reisepass erforderlich!
Es wird Zeit für den Sprung nach England, der in Brexit-Zeiten nicht mehr so einfach ist. Französische Plätze mit Zoll- und Grenzabfertigung (beides erledigt in Frankreich der Zoll) sind nicht mehr so leicht zu finden – schon gar nicht in der Nachsaison im September. Wir hatten Wochen zuvor in Quimper (LFRQ) nachgefragt. Der Zoll käme eigentlich so spät im Jahr nicht mehr, aber für unsere Gruppe geht’s dann auf Vermittlung des Flugplatzes doch. Also hüpfen wir aufs Festland, mit problemlosen Freigaben durch die Lufträume entlang der Küste. Die Towerlotsin und zwei Herren mit „Douane“-Armbinde erwarten uns am ansonsten menschenleeren Airport. Die Reisepässe (für Großbritannien erforderlich!) sind schnell kontrolliert. „Empfehlen Sie uns weiter, wir kommen gerne raus“, sagt der Mann vom Zoll noch. Und die Landegebühren? „Es kommt eine Rechnung“. Tatsächlich, zwei Wochen später: vier Euro pro Flugzeug!
Die Wasserstrecke über den Kanal ist wettermäßig völlig problemlos. Ungefähr an der Grenze zu Großbritannien zwingt uns eine Wolkendecke auf unter 4000 Fuß. Die Controller in St. Mary’s auf den Scilly Isles hatten zuvor große Sorge, dass wir den Verkehr der kommerziellen Twin Otter zum nahen Cornwall stören könnten, doch wir halten die erbetene Staffelung von zehn Minuten recht gut ein. Das gibt uns Zeit für die Vorbereitung auf den nicht ganz einfachen Flugplatz. EGHE hat gekreuzte Bahnen und einen ordentlichen „Hügel“ in der Mitte. Die Piste 14, auf der wir landen sollen, steigt erst recht steil an und fällt dann langgestreckt ab – auf insgesamt nur 647 Meter Länge.
Wir waren schon mal da, deshalb hatten wir im Briefing vorher schon gesagt: Die Steigung am Anfang bremst hervorragend, also keine Sorge um die Bahnlänge. Wer spät aufsetzt, startet am besten durch. Tatsächlich hat niemand Probleme.
Zwei Nächte verbringen wir hier im Star Castle Hotel, einer ehemaligen Festung in Sternform. Am flugfreien Tag setzen wir über zur Nachbarinsel Tresco, wo die Pflanzenpracht im subtropischen Abbey Garden vom milden Golfstrom-Klima profitiert. Ein Picknick am Strand und ein tolles Dinner im Castle runden den Tag ab. Dann folgt der Morgen mit Nebel…
Auch wenn es jede Menge Hotels näher am Flugplatz Perranporth (EGTP) an der Nordküste Cornwalls gegeben hätte: Wir sind vom eine Stunde entfernt an der Südküste gelegenen The Lugger begeistert. Die Straßen in das winzige Fischerdorf Portloe sind vom Bus kaum zu bewältigen. Wir genießen die Stimmung und planen die Heimreise, die wegen knackigem Ostwind für alle sehr lange dauert. Aber Sicht und Wolken waren auf der gesamten Reise nur an einem halben Tag ein Problem – ein lösbares.
17. September 2024:
Die Leserreise ist hier offiziell zu Ende. Wir fliegen daher nicht mehr im Konvoi, sondern jede Besatzung plant seine eigene Route Richtung Heimat - über 1500 km Luftlinie bei sehr starkem Gegenwind liegen vor uns. Dass wir auf dieser Strecke einmal tanken müssen, war uns schon vorher bewusst. Deshalb landen wir zu einem Tankstopp in Saarbrücken.
In England fliegen wir zuerst nach Sichtflugregeln (VFR) wobei sich das Wetter Richtung Osten immer mehr verschlechtert. Außerdem hat Harald alle Hände voll zu tun, in diesem komplizierten Luftraum per Funk alle notwendigen Freigaben zum Durchflug zu erhalten. Ein Instrumentenflug in niedrigeren Höhen, bei dem man vollständig vom Radarlotsen geleitet wird und Freigaben automatisch erhält, ist leider in England nicht möglich. Wir sind also froh, dass wir über dem Ärmelkanal eine Verbindung zu Brüssel-Radar bekommen und ab nun nach Instrumentenflugregeln unterwegs sein dürfen. Wie entspannt doch ein IFR-Flug am europäischen Kontinent sein kann!!
Bei der Zwischenlandung in Saarbrücken haben wir noch ziemliches Glück. Wären wir nämlich ein paar Minuten später gekommen, hätten wir Warteschleifen fliegen müssen. Der deutsche Verteidigungsminister ist nämlich kurz nach unserer Ankunft gestartet und hat natürlich Vorrang.
Hier noch der offizielle Artikel des fliegermagazins: